Gekipptes Fenster: Versicherer muss nach Einbruch nicht zahlen
(kunid) Das gekippte Fenster habe den Einbruch erleichtert, entschied der Oberste Gerichtshof. Anschließend hätten die Täter ungestört und mit geringerem Risiko eine Innentüre aufbrechen können. Damit habe der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit, Fenster und Türen geschlossen zu halten, verletzt. Der Versicherer ist leistungsfrei.
Ein Versicherungsnehmer hatte sein Haus für eine Woche verlassen und dabei das Fenster zur ebenerdig gelegenen Werkstatt in gekippter Stellung belassen.
Unbekannte Einbrecher drückten das Fenster auf und öffneten die Verriegelung vermutlich mit einem Draht. Sie gelangten damit in die Werkstatt, in der sie eine verschlossene Metalltüre, die in den Aufgang zum Wohnhaus führt, mit einem Brecheisen aufzwängten.
Von seinem Haushaltsversicherer forderte der Versicherungsnehmer für den entstandenen Schaden eine Leistung in Höhe von etwas mehr als 48.000 Euro.
Der Versicherer lehnte eine Zahlung mit der Begründung ab, der Versicherungsnehmer habe eine Obliegenheit verletzt.
Bedingungslage
Der Versicherungsnehmer hatte eine Haushaltsversicherung abgeschlossen. Vereinbart waren die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung und die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung.
Laut Bedingungen war Einbruchsdiebstahl versichert; ein solcher sollte vorliegen, wenn ein Täter durch Einbrechen oder Aufbrechen von Türen, Fenstern oder anderen Gebäudeteilen in die Versicherungsräumlichkeiten einbricht.
Zu den Obliegenheiten des Versicherungsnehmers zählte es, Türen, Fenster und sonstige Öffnungen ordnungsgemäß verschlossen zu halten und Schlösser vollständig zu versperren, wenn die Versicherungsräumlichkeiten „für noch so kurze Zeit von allen Personen verlassen worden sind“.
Kausalitätsgegenbeweis
Die vom Versicherungsnehmer eingebrachte Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen. In einer außerordentlichen Revision wandte er sich daraufhin an den Obersten Gerichtshof.
Dieser betont in seiner rechtlichen Beurteilung, dass sich ein Versicherer bei Verletzung einer Obliegenheit auf die vereinbarte Leistungsfreiheit nicht berufen dürfe, wenn die Verletzung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt hat.
Dafür stehe dem Versicherungsnehmer nach § 6 Abs. 2 VersVG der Kausalitätsgegenbeweis offen. Er müsse beweisen, dass der Versicherungsfall auch ohne Verletzung der Obliegenheit mit Sicherheit eingetreten wäre.
Eintritt und Umfang des Versicherungsfalles dürfen nicht auf der erhöhten Gefahrenlage beruhen, die typischerweise durch eine Obliegenheitsverletzung entsteht. Dabei seien an den Gegenbeweis strenge Anforderungen zu stellen, die Unwahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs genüge nicht.
Revision zurückgewiesen
Einem Einbrecher werde durch ein Fenster in Kippstellung weniger Widerstand geboten als durch ein geschlossenes Fenster; dadurch werde die Gefahr eines Einbruchsdiebstahls erhöht. Damit misslinge bei einer solchen Obliegenheitsverletzung der Kausalitätsgegenbeweis.
Der Ansicht des Versicherungsnehmers, dass der Eintritt des Versicherungsfalles nicht auf der erhöhten Gefahrenlage durch das gekippte Fenster beruhte, weil die Einbrecher erst die Metalltür mit einem Brecheisen aufzwängen mussten, widerspricht der OGH.
Das Eindringen in die Werkstatt sei durch das gekippte Fenster erleichtert worden, dort hätten sich die Täter ungestört und mit weit geringerem Risiko einer Entdeckung an der Innentür zu schaffen machen können.
Damit hätten die Vorinstanzen die Leistungspflicht des Versicherers aufgrund der Verletzung einer Obliegenheit zu Recht verneint, die Revision wurde mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.