Die Pandemie spielt den Cyber-Kriminellen in die Tastaturen
(kunid) Die zunehmende Verlagerung des täglichen Lebens in das Internet und die geänderten Lebensbedingungen durch die Corona-Pandemie hatten im Vorjahr einen starken Anstieg der Internetkriminalität zur Folge, die Aufklärungsrate ist allerdings weiter gesunken.
Das ist die zentrale Botschaft des soeben veröffentlichten Cybercrime Reports 2020 des Bundeskriminalamtes: Cyber-Kriminelle profitieren von der Pandemie.
So stieg die Gesamtzahl der angezeigten Fälle gegenüber dem Jahr davor um 26,3 % auf 35.915.
Die zunehmende Verlagerung des täglichen Lebens in das Internet und die geänderten Lebensbedingungen und Verhaltensweisen während der Covid-19-Pandemie haben zu diesem neuerlichen starken Anstieg der Cyber-Kriminalität geführt.
Vor allem die Schließungen des stationären Handels hatten Auswirkungen auf den Internetbetrug. Darüber hinaus begünstigen mangelnde Sicherheitsvorkehrungen Cyberattacken auf Heim- und Arbeitsnetzwerke.
Größte Herausforderungen 2020
So konnte nach einer Neuregistrierung von mehreren tausend Domains im Zusammenhang mit Covid-19 eine starke Zunahme betrügerischer Webseiten zwecks Phishing und der Verbreitung von Schadsoftware beobachtet werden.
Weitere Fälle betrafen Erpressungs-E-Mails, die drohten, Familienmitglieder mit Covid-19 zu infizieren, Mails von vermeintlichen Paketzustelldiensten, die Schadsoftware installierten, oder Betrugshandlungen mit Desinfektionsmitteln und Atemschutzmasken.
Bei den Tätern zeigte sich im gesamten Jahr ein Trend hin zur Nutzung von Ransomware, RATs (Trojaner, die die vollständige Fernsteuerung eines Computers ermöglichen), E-Banking-Trojanern und anderen maßgeschneiderten Crime-as-a-Service-Leistungen.
Cybercrime im engeren Sinn
Unter Cybercrime im engeren Sinn sind kriminelle Handlungen zu verstehen, bei denen Angriffe auf Daten- oder Computersysteme unter Verwendung der Informations- und Kommunikationstechnik begangen werden.
Die Straftaten sind dabei gegen die Netzwerke selbst oder gegen Geräte, Dienste oder Daten in den Netzwerken gerichtet. Beispiele sind betrügerischer Datenverarbeitungsmissbrauch, missbräuchliches Abfangen von Daten, Missbrauch von Computerprogrammen oder Zugangsdaten oder Datenfälschung.
Insgesamt stieg die Anzahl der angezeigten Fälle in diesem Bereich um 69,4 % auf 12.914. 2.459 Fälle davon wurden aufgeklärt, das entspricht einer Aufklärungsquote von 19 %. 2019 war diese noch bei 24,9 % gelegen.
Technik als Tatmittel
Bei Cybercrime im weiteren Sinn handelt es sich um Straftaten, bei denen die Informations- und Kommunikationstechnik als Tatmittel zur Planung, Vorbereitung und Ausführung herkömmlicher Kriminaldelikte eingesetzt wird.
Beispiele dafür sind Betrug, Drogenhandel im Darknet, Online-Kindesmissbrauch sowie Cybergrooming (Anbahnung von sexuellem Missbrauch) und Cybermobbing (Beleidigung, Bedrohung oder Belästigung mit Hilfe elektronischer Kommunikationsmittel).
Erneut einen Höchststand hat 2020 der Internetbetrug erreicht. Angezeigt wurden 18.780 Delikte (2019: 16.831 Delikte). Aufgeklärt wurden 6.626 Straftaten, was einer Aufklärungsquote von 35,3 % entspricht (2019: 37,9 %).
Mehr angezeigte Fälle wurden auch in den Bereichen Online-Kindesmissbrauch, der Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen und bei Suchtmitteldelikten verzeichnet. Einen Rückgang gab es dagegen bei Erpressungen (Massenerpressungs-E-Mails, Infizierung mit Ransomware).
Anzeigen sind wichtig
Internationale Studien zeigen, dass im Bereich der Internetkriminalität die Dunkelziffer besonders hoch ist. Gründe, keine Anzeige zu erstatten, sind beispielsweise Scham, Angst vor Reputationsverlust oder die Annahme, dass der Fall nicht verfolgt werden könne.
Anzeigen tragen aber dazu bei, die Beweismittellage zu verdächtigen Tätergruppen zu verdichten und neue Massenphänomene frühzeitig zu erkennen, heißt es im Cybercrime Report 2020.
Darüber hinaus können so Präventionsmaßnahmen früher gesetzt und die Zahl der Geschädigten mit gerichteten Warnhinweisen an die Bevölkerung reduziert werden.
Fazit des Reports: Wichtig sind vor allem laufende Fortbildungen des Kriminaldienstes, ein größeres Problembewusstsein in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie der Ausbau von Präventivmaßnahmen, um die Widerstandsfähigkeit gegen Cyberangriffe zu steigern.