Der Rechnungshof hält Österreich für „nicht pflege-fit“

Der Rechnungshof hält Österreich für „nicht pflege-fit“

(kunid) Der Rechnungshof sieht Österreich punkto Pflegesystem nicht genügend gewappnet. Auch gebe es regional große Unterschiede – etwa beim Angebot an Pflegeheimplätzen oder bei den Kosten.

Laut Rechnungshof (RH) sei derzeit unklar, welches konkrete Leistungsniveau in welchen Pflegeeinrichtungen tatsächlich erwartet werden kann.

Der RH kritisiert, dass österreichweit die Kosten sowie die Herkunft und Verwendung der Mittel nicht systematisch erfasst worden seien.

Insgesamt soll die Verantwortung für die Finanzierung zwischen Bund und Ländern unklar aufgeteilt sein. „Ein nachhaltiges Finanzierungssystem wäre zu entwickeln, um die bestehenden Schwächen zu beseitigen“, so der RH.

2016 Gesamtkosten von 7,9 Milliarden Euro

Die oberste Rechnungskontrollbehörde Österreichs hat nun einen 170 Seiten umfassenden Bericht vorgelegt, in dem sie das Pflegesystem auf Bundes- und Länderebene unter die Lupe nimmt.

Für 2016 berechneten die RH-Prüfer Gesamtkosten in Höhe von 7,9 Milliarden Euro für 452.688 Pflegebedürftige.

Davon wurden 2,9 Milliarden Euro privat abgedeckt. Dazu zählten Eigenbeiträge, aber auch die mit Geld bewerteten privaten Pflegedienstleistungen, etwa durch Angehörige.

Was die Verwendung der Mittel angeht, waren Pflegeheimkosten mit 3,4 Milliarden Euro der größte einzelne Kostenpunkt.

Prognose: weit weniger pflegende Angehörige pro Pflegebedürftigem

Der Anteil der ab 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung, bei denen Pflegebedarf häufig auftritt, steigt nach Prognosen der Statistik Austria von rund 5 % im Jahr 2015 (0,43 Millionen Personen) auf rund 7 % 2030 (0,63 Millionen). Bis 2060 wird er weiter auf rund 12 % (1,10 Millionen) klettern.

Auf die „demografischen Veränderungen in Bezug auf Pflege“ sieht der Rechnungshof Österreich „nicht ausreichend vorbereitet“. Ein gutes Drittel der Pflege wird privat erbracht, meist durch 50- bis 64-jährige Angehörige. 2020 liegt das Verhältnis von Personen dieser Altersgruppe zu Personen ab 80 Jahren bei vier zu eins.

Bis 2060 wird sich dies „drastisch verändern: Eine Person über 80 Jahre wird dann nur mehr auf rund 1,6 potenziell Pflegende kommen. Zusätzlich „könnten gesellschaftliche Entwicklungen, wie etwa eine höhere Frauenerwerbsquote, Auswirkungen auf die private Pflege haben“.

Angebot an Pflegeheimplätzen variiert stark

Der Bericht spricht auch von Unterschieden in der Pflegeheimdichte je nach Region.

Während etwa im Bezirk Graz-Umgebung ein Pflegeheimplatz für rund drei Personen ab 80 Jahren zur Verfügung steht, gibt es im Bezirk Krems-Land für rund 17 Personen dieser Altersgruppe nur einen Pflegeheimplatz.

Kostenunterschiede, Transparenz bei Leistungsniveau

Groß ist die Bandbreite auch hinsichtlich der Kosten. So sind im Schnitt 2016 in Kärnten für die stationäre Pflege 91 Euro, in Wien 161 Euro pro Tag verrechnet worden.

Ein Ausbau der Pflegeeinrichtungen auf Basis der Maximalwerte (Heimdichte je Bezirk und Kosten je Verrechnungstag) würde im Vergleich zu den Minimalwerten zu Mehrkosten in der Höhe von 3,5 Milliarden Euro führen.

An österreichweiten Vorgaben zur Gestaltung von Heimtarifen und Personalausstattung fehlt es laut RH, ebenso an bundesweit gültigen Qualitätsstandards für Pflegeheime, etwa was die Fachpflege oder die Lebensqualität betrifft.

Kurzum: Derzeit ist nicht klar, welches konkrete Leistungsniveau in welchen Pflegeeinrichtungen tatsächlich erwartet werden kann.

Pflegeangebot erweitern

Aus Sicht des Rechnungshofs muss das Pflegeangebot „deutlich erweitert“ werden.

Dazu sei eine bundesweit abgestimmte Bedarfsprognose nötig, die das Sozialministerium, das Finanzministerium und die Länder erstellen sollten.

Abschließend wäre eine Gesamtstrategie zur Weiterentwicklung der Pflegedienstleistungen zu erarbeiten, so der RH abschließend.

Haben Sie schon vorgesorgt? Haben Sie schon ausreichend und umfänglich vorgesorgt? Wenn nicht, fragen Sie Ihren Berater. Wenn schon, fragen Sie diesen erst recht: Für die Pflege im Alter lässt sich nämlich nie genug vorsorgen.


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