Kostenlose Hilfe bei Streitigkeiten mit Unternehmen
(kunid) Eine neue Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte hat vor Kurzem die Arbeit aufgenommen. Auch bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Versicherungen können sich Konsumenten an sie wenden. Die Stelle ist beim Verein für Konsumenteninformation eingerichtet, handelt aber weisungsfrei.
Die neue „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“ hat jüngst den Betrieb aufgenommen. Sie bietet für nahezu alle Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen eine außergerichtliche Schlichtung an. Dazu gehören auch Versicherungs-Angelegenheiten. Die Geschäftsstelle ist beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) eingerichtet.
Die Schlichtungsstelle ist keine neue Verbraucherorganisation, sondern eine unabhängige Einrichtung zur Streitschlichtung. Reine Beratungen über Rechtsansprüche werden daher hier nicht durchführt. Leiterin der Schlichtungsstelle ist Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes.
Verhandeln, vermitteln und schlichten
Voraussetzung für das Einbringen einer Beschwerde ist, dass der Verbraucher – entweder selbst oder vertreten etwa von einer Verbraucherorganisation – bereits, offensichtlich erfolglos, versucht hat, das Problem im Dialog mit dem Unternehmen beizulegen. Eine Beschwerde wird außerdem nur dann entgegengenommen, wenn die Sache noch nicht gerichtsanhängig ist.
Das Verfahren: Zunächst wird festgestellt, zu welcher Branche das Unternehmen gehört, mit dem der Konsument ein Problem hat. Anschließend wird der genaue Sachverhalt erhoben und geklärt, wie das Unternehmen auf die ursprüngliche Beschwerde reagiert hat. Der Konsument kann darlegen, wie er sich eine Lösung vorstellt.
Nach vollständiger Erhebung der Sachlage wird die Beschwerde dem Unternehmen zugestellt, das Schlichtungsverfahren beginnt. Wenn das Unternehmen die Einladung zur Schlichtung annimmt, wird versucht, durch Verhandeln, Vermitteln und Schlichten eine Lösung zu finden. Zur Teilnahme an der Schlichtung verpflichtet ist ein Unternehmen jedoch nicht. Beide Seiten müssen für die Dauer der Schlichtung auf die Einrede der Verjährung von Ansprüchen verzichten.
Vertraulich und kostenlos
Der Verbraucher wird per E-Mail über jeden weiteren Schritt informiert. Abgeschlossen soll ein solches Verfahren innerhalb von 90 Tagen sein. Rechtswirksam wird ein Ergebnis nur, wenn beide Seiten zustimmen.
Das Schlichtungsverfahren endet, wenn sich die Streitparteien einigen oder wenn eine Einigung scheitert. Mit der Beendigung des Verfahrens endet auch die Hemmung der Verjährung und die Verjährungsfristen laufen weiter.
Das Verfahren wird vertraulich und für beide Streitparteien kostenlos durchgeführt. Die Kosten trägt als Fördergeber das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.
Vereinbarungen mit Branchen und Unternehmen
Mit manchen Branchen und Unternehmen bestehen bereits Vereinbarungen über die Teilnahme an der Schlichtung.
„Dies gilt erfreulicherweise unter anderem für nahezu alle Bankensektoren, die versuchen wollen, die Probleme rund um Fremdwährungskredite auf dem Schlichtungswege zu lösen“, heißt es seitens des Ministeriums.
Der Inhalt solcher Branchenvereinbarungen ist unterschiedlich. Beispielsweise können der Weg der Kommunikation oder die Art der Bestellung der Sachverständigen darin geregelt sein. Eine Branchenvereinbarung ist aber keine Voraussetzung für ein Verfahren: Schlichtungen sind mit allen Unternehmen möglich.
Neunmonatige Testphase
Den Anstoß für die Einrichtung der „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“ gab eine im April beschlossene EU-Richtlinie, die bis Mitte 2015 umzusetzen ist: Konsumenten müssen demnach ein durchgehendes Schlichtungsangebot in ganz Österreich vorfinden.
Streitschlichtung sei ein zunehmend wichtiger Weg, der es Konsumenten ermögliche, zu einer für sie befriedigenden Lösung zu kommen, so Griss. Nicht „Schlichten statt Richten“ sei die Devise; vielmehr solle Schlichtung die Gerichtsbarkeit dort ergänzen, wo es nicht um komplexe Rechtsfragen geht, sondern wo Konsumenten rasche und mitunter auch pragmatische Lösungen anstreben.
Die Schlichtungsstelle befindet sich zurzeit in der „Testphase“. Nach neun Monaten sollen die Erfahrungen evaluiert und die weitere Vorgangsweise zur Umsetzung der EU-Richtlinie festgelegt werden.
Wenn die Schlichtung keine Einigung bringt
Sollten Konsumenten und Unternehmen sich trotz eines Schlichtungsverfahrens nicht einigen können, besteht, wie bisher auch, weiterhin die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung. Da Gerichtsverfahren in der Regel nicht nur langwierig, sondern unter Umständen auch teuer sind, empfiehlt sich grundsätzlich die Absicherung durch eine Rechtsschutz-Versicherung.
Diese übernimmt bei positiven Erfolgsaussichten die Kosten und Gebühren für ein Gerichtsverfahren entsprechend dem vereinbarten Versicherungsumfang. Je nach Vertragsvereinbarung enthält eine Privat- oder Familienrechtsschutz-Polizze unter anderem einen Vertragsrechtsschutz. Dieser deckt beispielsweise das gerichtliche Vorgehen gegen ein Unternehmen wegen eines Kauf- oder Reparaturvertrages.
Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Versicherte mit den bestellten und erbrachten Leistungen eines Fachhändlers oder Handwerkers nicht zufrieden war. Welcher Versicherungsschutz für die individuellen Bedürfnisse sinnvoll ist, kann beim Versicherungsvermittler erfragt werden.